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herumwirbelten. Zuerst sagte ich nichts, weil ich wissen wollte, wie
lange Worte im Raum schweben konnten. Beste Freundin. Beste Fre-
undin. Beste Freundin!
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»Ja, ich will«, sagte ich schließlich und tat so, als hätte ich einen
Brautstrauß in der Hand. Ich schloss die Augen und warf ihn hinter
mich auf den Gang.
»Das nenne ich Liebe«, sagte der Verkäufer im Handyladen und
applaudierte. Drake stand auf und wir verbeugten uns. »Und?
Welchen Anbieter habt ihr beiden?«
Drake lachte, nahm mich an der Hand und zog mich weg. »Komm,
lass uns ein paar Klamotten kaufen und dann lade ich dich am Saft-
stand auf einen Saft ein.«
Er steuerte ein Sportgeschäft an. Wir lachten immer noch über den
Handyverkäufer, als mich ein echter Schock aus meinem Glück riss.
Neben einem Vertreter des anderen Geschlechts war eine Person
Richtung Saftstand unterwegs, von der ich im Traum nicht gedacht
hätte, sie hier im Einkaufszentrum anzutreffen.
Schneller als eine zubeißende Schlange schnappte ich Drakes Hand
und zog ihn in das nächstbeste Versteck. Es war ein Geschäft für Un-
terwäsche und wir duckten uns hinter ein Regal mit Spitzen-BHs. Ich
atmete heftig und hatte Mühe, meinen Puls zu beruhigen. »Da ist
meine Mom«, flüsterte ich.
»Deine Mom? Spioniert sie dir etwa nach?«
»Sie weiß nicht, dass ich hier bin.«
»Dann geht sie also einfach nur einkaufen.«
»Mit einem Typen?« Mir war zum Heulen zumute. »Sie geht mit
einem Typen einkaufen?«
»Oh«, meinte Drake. »Na ja, aber deine Eltern sind doch getrennt,
oder?«
»Es ist eine Trennung auf Probe.«
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»Ja, klar, auf Probe!« Drake versuchte, um einen Wühltisch herum
auf den Gang hinauszuspähen. »Einige Eltern meiner Freunde haben
sich auch auf Probe getrennt.«
»Was willst du damit sagen?«
»Weiß doch jeder, dass das nur eine Phrase ist. Sie wollen einfach
nicht gleich von Scheidung reden. Also machen sie es in Etappen.
Trennung auf Probe, richtige Trennung, Scheidung«, erklärte er
nüchtern, während er noch immer aus dem Laden spähte.
Das schwarze Loch in mir begann sich aufzutun. Drake drehte sich
nach mir um und sah mein Gesicht.
»Oh, Scheiße. Na ja, also manche Leute kommen auch wieder
zusammen. Wahrscheinlich sogar viele«, berichtigte er sich.
»Kann ich euch beiden irgendwie helfen?« Eine zierliche Frau mit
grellblonden Strähnchen starrte uns durch die BHs hindurch an.
»Nein«, flüsterte ich finster.
Drake spähte noch einmal um die Ecke und prüfte, ob die Luft rein
war. Dann flohen wir so schnell wie möglich aus dem
Einkaufszentrum.
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Eines muss ich hier mal glasklar machen: Ich schreibe KEINE
Liebesgedichte. Wann immer eine Mitschülerin ein Gedicht schreibt,
für den Englischunterricht oder für die Schülerzeitung, dann handelt
es davon, wie sehr sie ihren perfekten Freund liebt oder wie sehr sie
ihren unperfekten Exfreund hasst. Bei solchen Gedichten möchte ich
am liebsten kotzen. Im Geiste der Frauenbewegung schwöre ich,
Celia die Finstere, dass ich niemals Liebesgedichte schreiben werde!
Außerdem folgt hier eine Liste von acht Wörtern, die man beim
Schreiben von Gedichten niemals verwenden sollte: Liebe, Seele,
Herz, Traum, traurig/Traurigkeit, Schmerz, schrecklich und auf
überhaupt gar keinen Fall: schön. Schön wird in Gedichten einfach
viel zu häufig verwendet, sodass es seinen Sinn verloren hat.
Diese Wörter sind meine »Niemals-Wörter«. Eine Woche vor Be-
ginn der neunten Klasse habe ich sie mit einem Eddingstift auf die
lavendelfarbenen Wände in meinem Zimmer geschrieben, um
sicherzugehen, dass ich nicht aus Versehen darauf zurückgreife.
Während ich schrieb, kam meine Mom herein. Ich kniete gerade in
Sweatshirt, kariertem Wollrock und Kniestrümpfen auf meinem
Schreibtisch.
Die Wörter Liebe und Seele hatte ich bereits in zehn Zentimeter
großen Buchstaben fertig und war nun mitten im Wort Herz. Nor-
malerweise klopft meine Mutter an, aber an dem Tag kam sie mit
einem Stapel frischer Wäsche in den Händen einfach so herein.
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Ich ließ mich auf die Fersen sinken und war mir total sicher, dass
sie gleich losschimpfen würde. Was normale Eltern ja wohl tun
würden.
Stattdessen seufzte sie nur tief. Der Seufzer schien von ganz unten,
sozusagen von ihren Zehen her aufzusteigen. »Celia, ich möchte
nicht, dass du an deine Zimmerwand schreibst«, sagte sie schließlich.
Seit meine Mutter zur Therapie geht, höre ich sie förmlich bis zehn
zählen, wenn sie wütend ist. »Wenn du das dringende Bedürfnis
dazu hast, kannst du im Keller an die Wände schreiben.«
Warum ich diese »Niemals-Wörter« niemals verwende, liegt
daran, dass jedermann sie verwendet. Und Gedichte müssen einz-
igartig klingen, so einzigartig wie der Mensch, der sie schreibt. Wann
immer ich drauf und dran bin, eines meiner »Niemals-Wörter« zu
schreiben, versuche ich ein anderes, interessanteres Wort an diese
Stelle zu setzen. Wenn ich zum Beispiel sagen will:
Der Regen macht mich traurig,
schreibe ich stattdessen:
Der Regen hat alle Farbe aus meinem Tag gewaschen.
Als wir mit unseren Fahrrädern vom Einkaufszentrum nach Hause
fuhren, regnete es.
»Alles in Ordnung?«, rief Drake, der neben mir fuhr, unter seiner
Kapuze zu mir herüber.
»Nein«, rief ich zurück. Meine Hände und Füße fühlten sich taub
an, aber immerhin bluteten sie nicht sichtbar. Das war schon mal ein
gutes Zeichen.
»Wirst du sie fragen?«
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»Weiß nicht.«
Drake zeigte auf eine überdachte Bushaltestelle neben der Fahr-
bahn. Wir fuhren heran, stiegen ab und lehnten die Räder gegen die
Wand. Dann stellten wir uns unter und lauschten dem Regen, der auf
das Dach prasselte.
»Ich war ein Idiot, dass ich das vorhin gesagt habe«, meinte Drake
und strich sich die nassen Haare aus der Stirn. »Es gibt wirklich viele
Menschen, die sich trennen und dann wieder zusammenkommen.«
»Nein, du hast schon recht, ich & « Es gelang mir nicht, den Satz zu
Ende zu sprechen.
»Celia, ich glaube, du musst dich echt dahinterklemmen, deinen
Traum zu verwirklichen. Je mehr Energie du in dich selbst investi-
erst, desto weniger Gedanken machst du dir darüber, was deine El-
tern tun.« Drake legte eine Hand auf meinen Arm. »Du träumst dav-
on, eine berühmte Dichterin zu werden. Das ist es, was zählt. Ver-
sprich mir, dass du noch heute mit deiner Liste anfängst!«
Eine Woge aus schlechtem Gewissen durchströmte mich. Endlich
hatte ich einen besten Freund und ich log ihn an, was meine tiefsten
Wünsche betraf. Aber ich hatte mich schon zu sehr verstrickt. Was,
wenn ich ihm jetzt die Wahrheit gestand und er dann nicht mehr
mein bester Freund sein wollte? Außerdem ging er ja bald weg. War-
um also sollte ich die Zeit, die uns noch blieb, aufs Spiel setzen? »Du
hast recht, ich sollte mich um meinen Traum kümmern.«
»Heute Abend?«
»Heute Abend. Versprochen.«
***
Als ich in unser leeres Haus zurückkehrte, regnete es immer noch ein
wenig. Drake und ich hatten den Platzregen abgewartet, bevor wir
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unsere Fahrt fortgesetzt hatten. Ich zog meine nassen Schuhe und
meine Jacke aus und durchwanderte die Wohnung, das Schlafzim- [ Pobierz całość w formacie PDF ]

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